Rückmeldung aus der Praxis als Trauerredner
Bärbel Eltschig (Nordrhein-Westfalen)
Solingen, 10. Juni 2022
Lieber Dr. Rostig,
es ist höchste Zeit, dass ich mich endlich bei Ihnen melde. Seit unseren Seminarwochen ist ungefähr ein Jahr vergangen und inzwischen habe ich meine ersten Erfahrungen gesammelt. Rückblickend kann ich sagen, dass ich durch die Ausbildung bei Ihnen ein gutes Fundament erhalten habe.
Bis jetzt war jeder Trauerfall und jede Trauerfeier anders, und ich hoffe dass dies so bleibt. Anfangs hatte ich Sorge, dass mir eines Tages die Ideen ausgehen könnten. Das ist nicht mehr so, mir ist mittlerweile klar geworden, dass jeder Trauerfall einzigartig ist, so wie jedes Leben einzigartig ist. Da ist es nur folgerichtig, dass auch jede Rede einzigartig ist. Es ist für mich eine sehr erfüllende Tätigkeit.
Die erste Trauerrede war gleich eine besondere Herausforderung: Die Witwe hatte große Angst, die Contenance zu verlieren und unkontrolliert zu weinen. Also habe ich eine friedliche Metapher vom Fluss des Lebens genommen, die auch einen Bezug zum Hobby des Verstorbenen hatte und eine leicht distanzierte Erzählperspektive gewählt.
Auch wenn ich für jede einzelne Rede immer noch sehr viel Zeit brauche, manches Mal um die richtigen Worte und Bilder ringe – und kurz vor der Trauerfeier gerne alles noch mal ‚umkrempel‘ - empfinde ich glücklicherweise keine Nervosität, wenn ich dann am Rednerpult stehe. Unsicherheit empfinde ich eher schon mal bei dem 'Drumherum'. Wie gestalte ich den Ablauf am Grab? Wann verabschiede ich mich? etc.
Oft sind mir Ihre Anregungen immer wieder ein Wegweiser, wenn ich mir unsicher bin. Die Frage „Was löst das aus?“ ist mir eine gute Richtschnur dabei. Nach wie vor suche ich immer nach einer Metapher oder einem schönen Zitat, quasi als Kristallisationspunkt für die Rede. Allerdings passe ich auf, dass ich es nicht übertreibe mit den sprachlichen Bildern. Utes Kommentar zu meiner Rede im Seminar: „Das war mir jetzt einfach zu viel Baum.“ klingt mir immer noch im Ohr! Inzwischen habe ich aber auch schon Reden ohne so einen ‚Aufhänger‘ gehalten und war selber überrascht, dass auch das klappt.
Bevor ich zum Vorgespräch mit den Angehörigen fahre, vergegenwärtige ich mir meist noch einmal Ihre Regeln für ein Gespräch mit Trauernden. Nur an eine Regel von Ihnen halte ich mich nicht: Ich schreibe bei diesen Gesprächen mit, was das Zeug hält. Wenn ich dann an der Rede arbeite, gehe ich immer wieder diese Notizen durch und bin oft froh um das ein oder andere Detail, das mir sonst entfallen wäre.
Schwierig finde ich im Moment immer noch die zeitliche Begrenzung. Die Vorgabe auf den Friedhöfen hier im Ort lautet, nach 20 bis maximal 25 Minuten aus der Kapelle raus zu sein. Wenn – wie üblich – noch 3 Musikstücke gespielt werden, bleiben für die Rede knappe 10 Minuten. Manchmal hadere ich sehr mit dieser Regel. Dann kämpfe ich mit mir selbst um jeden Halbsatz.
Im Moment erhalte ich ein bis zwei Aufträge im Monat, was für mich gut passt, da ich die Trauerreden ja nur als Nebentätigkeit ausüben möchte. Das Feedback von den Angehörigen war bisher durchweg positiv. Etwa ein Drittel ist regelrecht überschwänglich. Dankbar berührt bis enthusiastisch. Die Tätigkeit als Trauerrednerin ist für mich wirklich eine Berufung, es ist ungemein erfüllend und bin sehr froh und dankbar, die Ausbildung bei Ihnen gemacht zu haben.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.
Herzliche Grüße