Rückmeldung aus der Praxis als Trauerredner

25.10.2018

Lieber Herr Rostig!

Ich freue mich sehr, Ihnen heute endlich meinen ersten Einsatz als Trauerrednerin melden zu können -  er kam viel schneller als gedacht und liegt nun schon fast zwei Monate zurück. Am liebsten hätte ich mich ja unmittelbar danach hingesetzt, um - noch ganz unter dem Eindruck dieser starken Erfahrung - von all dem zu schreiben, was in mir vorging; es war mir aber wichtig, mit diesem Feedback zu warten, bis ich nochmal Gelegenheit hatte, mit den Angehörigen der Verstorbenen zu sprechen und zu hören, wie die Trauerfeier und besonders meine Trauerrede denn bei ihnen angekommen war. Zwar hatte ich von anderen Trauergästen schon ein überaus positives Echo bekommen, und auch meiner Selbsteinschätzung nach war es gut gewesen - aber ob es mir wirklich gelungen war, mit dem Gesagten die Person in ihrer Einzigartigkeit zu erfassen und in diesem Moment für die trauernden Hinterbliebenen zu vergegenwärtigen, das können zuverlässig und gültig eigentlich nur diejenigen sagen, die ihr am nächsten standen, und (nur) auf ihre Zufriedenheit kommt es an.

Nun also - mit dem Wissen, dass auch die Angehörigen „es sich gar nicht schöner hätten vorstellen können“ - in stiller Freude und durchaus auch mit einem gewissen Stolz mein Feedback: 

Meinen ersten Auftrag erhielt ich quasi „vor Ort", als ich mich bei meinem zweiten Bestattungshaus vorstellte, und damit nur acht Tage, nachdem ich begonnen hatte, mich „verfügbar“ zu melden (was ja nach Abschluss des Seminars lang genug gedauert hatte); mir kam der Umstand zugute, dass der hier im Umkreis tätige Redner gerade in Urlaub war, dass der Bestatter mir, obwohl „Neuling“, diesen Auftrag wohl zutraute und dass auch die Angehörigen mit mir als Trauerrednerin einverstanden waren. 

Es hätte für meinen ersten Einsatz leichter kommen können - die Verstorbene war nur 54 Jahre alt geworden, ein „allzu früher Tod“ - aber auch schwerer - „nach langer Krankheit“ kam der Tod wenigstens nicht aus heiterem Himmel. Bis zur Urnenbeisetzung blieb mir der gute Zeitraum von neun Tagen, die ich zumindest weitgehend dem Gespräch mit den Angehörigen, der Gestaltung der Trauerfeier und allen anderen nötigen Vorbereitungen widmen konnte. 

Zum Gespräch getroffen habe ich mich mit den beiden erwachsenen Kindern der Verstorbenen. Mein Angebot, ihnen vorab per Mail einen Fragebogen für persönliche Angaben zu schicken, hatten sie angenommen (ich habe mich dazu entschieden, diesen Fragebogen anzubieten, weise aber sowohl im persönlichen Anschreiben (siehe Anhang) als auch zu Beginn des Gesprächs ausdrücklich darauf hin, dass dies nur ein ergänzendes Angebot zum Gespräch ist und es auf keinen Fall darum geht, einen Fragenkatalog abzuarbeiten. Zumindest in diesem Fall hat sich dieses Vorgehen für beide Seiten als hilfreich erwiesen: die beiden Kinder der Verstorbenen hatten anhand der Fragen schon ein wenig ihre Gedanken gesammelt und sortiert und konnten so besser damit umgehen, dass das Gespräch „offen“ gestaltet war - es wurde ein großes, freies Erzählen, in dem für mich viel von der Person der Verstorbenen zum Vorschein kam; und ich selbst habe den Fragebogen erst nach dem Gespräch gelesen, konnte einfach nochmal nachvollziehen, welche der Angaben für die Kinder besonders wichtig waren und mich bezüglich der Richtigkeit von Daten vergewissern). 

Ich hatte auf jeden Fall nach diesem Gespräch eine wunderbare, von Liebe, Wertschätzung und Trauer getragene „Materialsammlung“, sodass der schöpferische Akt des Gestaltens fast wie von selbst ins Fließen kam. Was ich von früheren Phasen schöpferischen Arbeitens her kenne, trat auch hier ein: ich erlebte mich ganz fokussiert, ein wenig wie auf einer Insel, wo ich mit Anforderungen oder Unterbrechungen von außen nur schwer umgehen kann, meine Gedankengänge absorbierten meine Aufmerksamkeit und hielten mich oft auch vom Schlafen ab. Aber mit dem Arbeiten wuchs die Zuversicht, mehr noch die Gewissheit, dass ich der großen Aufgabe gewachsen sein würde, und das machte es mir leichter, hier meine Kreativität voll einzusetzen und - was die Kräfte angeht - eben ein paar Tage lang gewissermaßen „auf Reserve zu fahren“.

Froh war ich, dass ich mir schon vor längerer Zeit eine PA-Anlage angeschafft hatte und nun üben konnte, mit Mikrofon zu sprechen und die Musikstücke einzuspielen, ohne dass es zum Übersteuern kommt - der Umgang mit der Technik sollte kein Unsicherheitsfaktor für meine erste Trauerfeier sein. 

Die Trauerfeier fand im Freien vor der Leichenhalle des Friedhofs statt - diese Situation scheint hier bei uns in Bayern, wo die meisten Bestattungen noch kirchlich sind, eher die Regel als die Ausnahme zu sein und muss natürlich bei der Vorbereitung berücksichtigt werden (Rituale mit Kerzen kommen z.B. kaum infrage). Gut für mich war, dass weder vorher noch hinterher weitere Bestattungen stattfanden, sodass ich kein Zeitfenster einzuhalten hatte und schon eine Stunde vor Beginn der Trauerfeier vor Ort sein konnte, um aufzubauen, anzukommen und mich einzustimmen.

Es wurde eine ganz große Trauerfeier mit über 200 Trauergästen. Ich war morgens „in Maßen" aufgeregt und angespannt, doch je mehr es auf den Beginn der Feier zuging - und selbst angesichts der vielen Menschen, die sich versammelten - desto stärker wurde in mir das Gefühl, hier „am richtigen Platz" zu sein; ich spürte eine große Ruhe, Sicherheit und Kraft und eine innere Freude, dass mir dieser wichtige Moment anvertraut worden war und dass ich so viel zu seinem Gelingen beitragen durfte. Diese Kraft trug mich durch die ganze Trauerfeier und übertrug sich wohl auch auf die Trauergemeinschaft - ich hatte viel Augenkontakt zu den Angehörigen und konnte die Verbindung mit den anwesenden Menschen wie ein Hin-und-Her-Strömen wahrnehmen. Eigentlich fühlte sich, was ich hier tat, fast vertraut an - als würde ich es schon lange tun, als hätte ich gefunden, was meinem Wesen und meinen Gaben entspricht.

Ein wenig gespannt war ich gewesen, ob ich wohl die Balance schaffen würde zwischen „nahe genug dabei sein", um die verstorbene Person mit ihren Licht- und Schattenseiten zu erspüren und aus diesem Erspüren die richtigen Worte zu formen, und dennoch „genügend professionellen Abstand haben“, um nicht selbst die Fassung zu verlieren, sondern Halt und Sicherheit geben zu können. Ich war mir nicht sicher, hatte aber sehr gehofft, dass Sensibilität und Empathie auf der einen und ruhige Kraft  auf der anderen Seite sich nicht gegenseitig ausschließen würden, sondern für die Tätigkeit als Trauerrednerin eine gute Verbindung eingehen würden, und war froh, dass es genau so funktioniert hat. 

Die Zusammenarbeit mit dem Bestattungshaus war sehr gut, die nötigen Absprachen verliefen unkompliziert, das Wissen, einen kompetenten, verlässlichen und offenen Partner an der Seite zu haben, hat mich sehr unterstützt und mir Sicherheit gegeben.

Mein Fazit:

Eine gelungene Trauerfeier, die dem verstorbenen Menschen gerecht wird und noch einmal zum Leuchten bringt, was ihn im Leben ausmachte, ist nicht nur für die Angehörigen ein bleibendes Geschenk, das auf dem Weg der Trauer hilft (diese Perspektive kannte ich schon); vielmehr war auch ich beschenkt durch die Sinnhaftigkeit und Intensität dessen, was ich als Trauerrednerin geben kann, und durch die große Kraft, die ich dabei verspürte.

Ich könnte nicht alle paar Tage eine Trauerfeier gestalten und bin froh, dass ich von dieser Tätigkeit nicht leben können muss. Mag sein, dass ich mich mit der Zeit nicht mehr ganz so stark werde verausgaben müssen, wenn ich mich in das Leben eines Verstorbenen und in den Schmerz seiner Angehörigen hinein fühle und das Erspürte in Worte kleide - es wird aber auch mit einer gewissen „Routine“ immer darum gehen, nach einer Phase „auf Reserve“ den Tank erst wieder ausreichend zu füllen (was ja schon dadurch geschieht, dass ich mich so beschenkt erlebe wie nach diesem ersten Einsatz). Andererseits aber hoffe ich natürlich darauf, immer wieder als Trauerrednerin gefragt zu sein und meine Begabungen in diese wunderbare Tätigkeit hineingeben zu können - es würde mich schmerzen, nun so sicher zu wissen, wo meine Berufung liegt und wie es sich anfühlt, hier „in meinem Element zu sein“ und diese Gabe dann wieder brachliegen zu lassen. Deshalb werde ich mich bemühen, mich auch bei weiteren Bestattungshäusern und Gruppierungen, die mit den Themen „Sterben - Tod - Trauer“ befasst sind, bekannt zu machen.

Ich bin sehr froh über meine Entscheidung, die Ausbildung zur Trauerrednerin zu machen… dankbar auch für die wertvollen und intensiven Erfahrungen während der Seminarwochen… und empfinde es nach meinem ersten Einsatz als besondere Ehre, mich nun mit Fug und Recht „Trauerrednerin“ nennen zu dürfen.

Ich grüße Sie, lieber Herr Rostig, in froher Verbundenheit und großer Dankbarkeit und wünsche Ihnen weiterhin viele KursteilnehmerInnen, die bei Ihnen ihre Berufung finden!

Margareta Köllinger

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13.09.2018

Lieber Herr Dr. Rostig,

ich hoffe, es geht Ihnen gut und Sie können die beginnenden Herbstage genießen.

Ich hatte seit der Fortbildung schon wieder einige Reden. Ich bin sehr glücklich damit. Eine Trauung war sogar auch dabei!

Anbei sende ich Ihnen eine Trauerrede von einem Suizidtod! Ich habe die Namen geändert. Das Lied hat mein Mann mit der

Gitarre gespielt und gesungen.

Es hat mir natürlich sehr geholfen, dass wir dies so intensiv besprochen haben.

Herzliche Grüße aus dem Schwarzwald.

Bettina Hensler

Unter dem Link:

https://swrmediathek.de/player.htm?show=1f7dfb10-e357-11e8-9a07-005056a12b4c

 wird die Hebamme und Trauerrednerin Bettina Hensler

in einer einfühlsamen Reportage vorgestellt (dieser Beitrag ist bis zum 7.11.2019, 14.55 verfügbar).

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27.08.2018

Sehr geehrter Herr Dr. Rostig,

wie versprochen, erhalten Sie nachstehend meine Rückmeldung zu meiner ersten „echten“ Rede.

Am 07. Juli 2018 haben wir uns in Naundorf verabschiedet und ich bin als „frischgebackener“ Trauerredner nach Hause gefahren.
 Kurz darauf habe ich auf meinen Wunsch hin das Angebot eines hiesigen Bestattungsunternehmens bekommen, eine Trauerrede auf Probe und ohne Bezahlung zu halten.

Verstorben war ein Mann kurz vor dem 60. Lebensjahr, der eher zurückgezogen lebte und wenig Angehörige hatte. 
Bei dem Trauergespräch waren seine Eltern und seine Tochter zugegen.
Trotz aller Bemühungen gelang es mir in dem ca. einstündigen Gespräch nicht so recht, mehr über den Mann zu erfahren, als die reinen Eckdaten und Stationen seines Lebens. 
Da er sich kurz nach der Geburt seiner Tochter von seiner Frau trennte und das Kind bei seiner Mutter aufwuchs, hatte auch die Tochter nur wenig aus seinem Leben zu erzählen.
Seine geschiedene Frau, die nicht an der Trauerfeier teilnehmen sollte, sollte jedoch ausdrücklich nicht erwähnt werden.

Zwischen dem Trauergespräch und der Beisetzung lagen zwei Wochen, so dass ich genügend Zeit hatte, aus dem Wenigen dennoch eine Rede zu schreiben, die das Leben des verstorbenen Mannes abbildete und m.E. seine Einzigartigkeit genügend würdigt.

Zu Beginn des Seminars sagten Sie, Herr Dr. Rostig, ständig „Was löst das in dem Anderen aus?“, wenn es um Aussagen und Inhalte in der Rede ging.
 Anfangs musste ich über die ständigen Wiederholungen Ihrer Frage innerlich schmunzeln, da sich mir der Sinn noch nicht erschlossen hatte.
 Aber spätestens bei meiner Abschlussrede in Naundorf zum Thema Suizid habe ich mir diese Frage so sehr verinnerlicht, dass ich sie mir nun immer dann stelle, wenn ich schreibe.
 Was löst das, was ich schreibe und später sage, in den Angehörigen und Anwesenden aus? 
Ich glaube, dass das die „Eine-Million-Euro-Frage“ ist! 
Beachtest du sie, hast du gewonnen.
 Beachtest du sie nicht, berührt deine Rede nicht und hat somit keinen Wert.

Ich für meinen Teil betrachte die Rede beim Schreiben auch als eine Art Dialog mit den Hinterbliebenen. 
Ich stelle mir vor, dass ich in Gedanken mit und zu ihnen rede ohne eine direkte Antwort zu bekommen.
 Immer mit dem Gedanken im Kopf, was das, was ich sage, in ihnen auslöst ...

Meine Rede musste ich in das vorgegebene Zeitfenster von max. 25 Minuten einpassen, wobei auch noch drei Musiktitel untergebracht werden mussten, auf deren Auswahl ich keinen Einfluss hatte.
 So weit, so gut.

Dann, am vergangenem Montag, war es so weit.
 Die Trauerfeier war für 14.00 Uhr anberaumt und ich war startklar.
Ich hatte vorab natürlich geübt (auch mit dem Korken im Mund! :-) und mich sowohl mental als auch äußerlich gut vorbereitet. 
Bei 35 °C im schwarzen Anzug mit blankgeputzten Schuhen stand ich, mir meiner Verantwortung vollkommen bewusst, bereit.
 Ich dachte, dass ich vorher noch in der Trauerhalle kurz am Pult üben kann, aber da die vorhergehende Feier etwas länger gedauert hat, war es eher ein „fliegender Wechsel“.

Die kleine Trauergesellschaft kam also in die Trauerhalle, wobei jeder von ihnen ein Teelicht anzündete und in eine kleine Schale neben der Urne und dem Bild des Verstorbenen stellte. 
Als alle Platz genommen hatten, ging ich von hinten kommend ruhigen Schrittes in Richtung Urne, entzündete ebenfalls eine Kerze, verneigte mich – so wie gelernt – vor der Urne und stellte mich hinter das Rednerpult.

Wissen Sie, was komisch war? 
Ich hatte vorher echt Schiss davor, zu aufgeregt zu sein und dass mir meine Stimme versagen könnte. Angst vor dem ersten Mal und vor dem Lampenfieber eben ...
 Aber nichts von alle dem! 
Ich ließ meinen Blick über die Anwesenden schweifen und spürte auf einmal ein Gefühl der Dankbarkeit!
 Ich war plötzlich dankbar, dort stehen und zu den Leuten sprechen zu dürfen.
 Dankbar, diese Chance und das Vertrauen der Familie bekommen zu haben. 
Die Ruhe, die sich dabei in mir ausbreitete, irritierte mich nur für einen kurzen Moment.
 Klar, laut und deutlich begann ich zu sprechen.

Die Chefin des Beerdigungsinstituts saß hinten in der Halle und wir hatten ab und an Blickkontakt.
 Nach etwa 5 Minuten zeigte sie mir ein „Daumen hoch“ und verließ den Raum durch die hintere Tür.
 Innerlich lächelte ich und war einfach nur froh.

Sie sagte mir danach, dass ihre Angestellten, die dem „Neuling“ ebenfalls durch die leicht geöffnete Tür zuhörten und zusahen, nicht glaubten, dass dies meine erste Rede sei.
 Herr Dr. Rostig, dieses Kompliment verdanke ich zum größten Teil Ihnen!
 Wissen Sie noch, wie unsicher ich zu Beginn des Seminars war?
 Wie grauenhaft meine erste Rede rüberkam?

Nicht nur Ihr „Punkt! Pause! Luft holen!“ und das Sprachtraining bei Frau Klesse hat mir geholfen, sondern auch Ihre Gabe, mein Selbstvertrauen zu stärken.
 Nicht zuletzt hat auch das umfangreiche theoretische Wissen, was Sie uns in dem wirklich sehr intensiven (!) Kurs nahegebracht haben, dazu beigetragen, dass ich meine erste Rede so halten konnte, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht habe.
 Dass es noch besser geht, weiß ich.
 Aber das wird die Zeit nach und nach mit sich bringen ...

Ich freue mich, ab Ende September als freier Trauerredner zukünftig noch viele Reden halten zu dürfen und werde dabei immer an meinen neuen Leitspruch denken:
„Sei gut in dem, was du tust und hab Freude daran!“

Lieber Herr Dr. Rostig, ich habe in meinem vorhergehenden Beruf schon viele Seminare besucht und dabei in 25 Jahren sehr viele verschiedene „Lehrer“ kennengelernt.
 Es war keiner dabei, der es geschafft hat, mit so viel Herzblut, zielstrebiger Strenge und aufrichtigem Humor eigenes Wissen zu vermitteln, wie Sie es konnten.
 Wenn ich Ihnen sage, dass ich dankbar bin, Sie kennengelernt zu haben, so meine ich das ehrlich und von ganzem Herzen.

Ihnen, Herr Dr. Rostig, wünsche ich weiterhin viel Freude an Ihrer Arbeit, bleiben Sie unbedingt so, wie Sie sind und bleiben Sie vor allem gesund!

Herzlichst, Ihr Uwe Schirmer

P.S.:

Die reservierte Homepage ist www.trauerredner-halle. de und der stolze Baum aus Naundorf (siehe Anhang) wird dort zu sehen sein... :-)

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06.06.2018

Sehr geehrter Herr Dr. Rostig,

ich denke immer noch dankbar an den „Intensivkurs Trauerreder/in“ im letzten Herbst zurück.

Das vermittelte Hintergrundwissen zum Thema „Trauer, Tod und Sterben“ verbunden mit praktischen Übungen und hilfreichen Feedbacks verdient tatsächlich das Adjektiv intensiv.

Sie hatten uns gebeten, Ihnen eine Rückmeldung unserer ersten Rede zu geben.

Das mache ich gern….

Ein halbes Jahr nach diesem Kurs habe ich im Mai meine erste Trauerrede halten dürfen. Es war für mich eine sehr gute Erfahrung mit positivem Feedback. Und ich weiß, dass ich gern weitere Trauerfeiern begleiten möchte.

Gleich nach Abschluss des Kurses brachte ich Flyer und Visitenkarten zu einem Bestattungshaus in Lübben. Ich musste allerdings ein halbes Jahr warten bis sämtliche Redner des Bestattungshauses verhindert waren und ich angefordert wurde. Ich hatte mir den Bedarf an Trauerrednern doch größer vorgestellt.

Für das Schreiben der Rede fühlte ich mich durch den Intensivkurs gut vorbereitet, aber vor dem Angehörigengespräch hatte ich doch großen Respekt. So war ich auch sehr aufgeregt.

Ich hatte erwartet, dass der Bestatter mein vorgefertigtes Angabenblatt den Angehörigen mitgibt und wir uns über dieses Formular in das Gespräch hineinarbeiten können. Dem war nicht so.

Der Einstieg in das Gespräch war daher zunächst schleppend. Die Angehörige wollte nicht mit den Daten beginnen, weil sie Bedenken hatte, dass dann eine „tabellierte Lebenslaufrede“ herauskommt. Und meine Unsicherheit war in der ersten viertel Stunde durchaus spürbar.

Doch dann wurde es ein wirklich gutes und für beide Seiten wohltuendes Gespräch.

Ich hatte vorher noch in einigen Büchern gelesen und mir zusätzlich zwei hilfreiche Sätze notiert: Wenn der Verstorbene jetzt zur Tür hereinkäme, was würde er jetzt sagen / tun? Wie könnte ich ihn mir jetzt/in seiner Jugend vorstellen?

Ich war erstaunt, dass ich tatsächlich gut nachfragen konnte, ohne das Gespräch zu dominieren.

Im Nachhinein war ich ergriffen, wie tief ich die Familiengeschichte kennenlernen durfte. Tochter und Enkel des Verstorbenen haben sehr offen alle Probleme angesprochen, waren sich aber nicht einig, was sie gern öffentlich angesprochen haben wollten. Der Enkel wollte z.B. die Sucht des Opas klar benannt haben, weil es sowieso alle Trauergäste wissen. Die Tochter fühlte sich mit dem Gedanken nicht so wohl. Auch der Halbbruder sollte nicht unter den Tisch fallen. Letztens Endes meinte der Enkel, dass es eine Rede für seine Mama sei und sie entscheiden solle, was sie hören möchte. Wichtig war mir bei meiner Rede, dass Tochter und Enkelsöhne einen Dank für die jahrelange Pflege ihrer Eltern von mir hören sollten.

Als Symbol zum Bewahren der fröhlichen und leichten Zeiten des verstorbenen Vaters habe ich eine Note gewählt. Eine Note aus Ton, die in einer Töpferei unseres Ortes hergestellt wird und mit Spreewaldblumen verziert ist. Die besondere Verbindung des Vaters zur Musik hatte die Tochter schon im ersten Telefonat erwähnt und auch im Gespräch nahm die Musik einen großen Raum ein. Zur Trauerfeier stand auch das Akkordeon des Vaters neben seinem Bild.

Auf ein Zitat habe ich verzichtet. Dazu fehlte mir der persönliche Bezug des Verstorbenen. Ich bin mir auch selbst noch nicht sicher, ob ich Zitate nutzen möchte. Darüber will ich mir demnächst noch mehr Gedanken machen. Sind Zitate und Sprüche möglicherweise sehr wichtig für Trauernde, damit sie etwas „in Kurzfassung“ nach Hause nehmen können?

Weil das tatsächlich meine erste Rede war und die Enkel nicht sicher waren, welche Rede sie von mir erwarten konnten, bot ich ihnen an, meine Rede nach dem Schreiben gegenzulesen.

Das nahmen sie beide gern an. Es gab dann tatsächlich zwei Kleinigkeiten, die ich korrigiert habe. Dann kamen allerdings noch viele Zusätze, die der Tochter während der nächsten Tage einfielen und unbedingt aufgenommen werden sollten.

Die Tochter war sehr berührt von der geschriebenen Fassung. Durch ihr positives Feedback fühlte ich mich für die Rede am Tag der Trauerfeier auf sicherem Terrain.

Am meisten Angst hatte ich, bei der Trauerfeier über die Maßen aufgeregt zu sein. Daher las ich mir die Rede vorher mehrmals laut vor. Die Vorbereitungszeit war schon immens.

Ich war dann positiv überrascht, dass sich meine Aufgeregtheit im erträglichen Maß bewegte.

Der Abschied an der Urnenwand war meines Erachtens auch ein schönes Abschiednehmen. Die Trauergäste verabschiedeten sich direkt an der Urne auf dem schön dekorierten Tischchen vor der Urnenwand. Ich fand das sehr persönlich und auch die Tochter empfand es als ein schönes Abschiednehmen von ihrem Vater. 

Nun freue ich mich auf weitere Trauerfeiern und hoffe, nicht wieder ein halbes Jahr auf den nächsten Auftrag warten zu müssen.

Ich würde mich über ein kurzes Feedback freuen, falls Sie Zeit haben, vor allem zu der Überlegung zur Verwendung von Zitaten.

Ich wünsche Ihnen, Ihrer Familie und den neuen Kursteilnehmern einen schönen Sommer.

Bleiben Sie behütet

Ramona Dunger

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31.12.2017/01.01.2018

Lieber Herr Rostig!

In diesen Tagen der Hinwendung nach innen, in denen ich in besonderer Weise dem nachspüre, was mich ausmacht, was mir wichtig ist und was ich ersehne, in denen ich Rückschau halte auf das, was das vergehende Jahr gebracht hat, und mir Gedanken mache über die Wege, die ich im neuen Jahr gehen will, stehen mir ganz lebendig die beiden Ausbildungswochen zur Trauerrednerin vor Augen, die noch immer ganz stark in mir nachwirken.

Ich bin sehr froh über meine Entscheidung, diese Ausbildung bei Ihnen gemacht zu machen. Meine erste Trauerrede für meinen Vater zu halten war ein ganz besonderes Geschenk - mein Ausgesöhnt- und im-Reinen-Sein mit meiner ganz persönlichen Familiengeschichte sorgsam in Worte zu fassen, das laut auszusprechen, was ich vom Leben meines Vaters und von unseren Beziehungen zueinander verstanden habe, hat diesen inneren Prozessen nochmal eine ganz andere Deutlichkeit und Gültigkeit verliehen. Ich weiß nicht, wie Sie auf die Idee gekommen sind, gerade mich anzusprechen, aber ich bin Ihnen sehr dankbar dafür und bewahre unter all den intensiven, tiefen und inspirierenden Momenten der beiden Ausbildungswochen die Rede für meinen Vater als besonders wertvollen Schatz in Erinnerung.

Es war für mich sehr ungewohnt, meinen „Schutzraum“, in den ich mich so gerne zurückziehe, zu verlassen, mich so schnell zu öffnen, so tief auf mir bis dahin unbekannte Menschen einzulassen und dieses starke Herein- und Herausströmen zuzulassen; aufwühlend auch, so deutlich wahrzunehmen, welche Kraft in mir steckt und von mir ausgehen kann. Ich erlebe mich deshalb noch immer als „aus der Ruhe gebracht“, mit starken Gefühls- und Gedankenstürmen, die mich nachts wach halten… weiß aber, dass es für mich wohl notwendig ist, diese „Häutung" auszuhalten, um mir neue Räume, Verhaltensweisen und Wege zu erschließen.

Im November habe ich mich erstmals bei einem Amberger Bestattungsinstitut vorgestellt und dort ein angenehmes Gespräch erlebt. Im Januar will ich mich dann „verfügbar melden“ - trotz der vielen anderen Dinge, die anstehen und Aufmerksamkeit erfordern.

Im Anhang finden Sie mein diesjähriges Weihnachtsgedicht; es ist diese Leidenschaft für die unendlichen Möglichkeiten des Wortes und für die Schönheit der Sprache, der ich weiterhin ausreichend Raum und Ruhe einräumen will in meinem Leben - und die ich auch in meinen Trauerreden umsetzen „muss"; „weniger“ geht für mich nicht…

Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen weiterhin viel Kraft für ihre Arbeit mit Trauernden oder anderweitig schwer am Leben Tragenden, ein gutes Echo oder „Feedback“, das Ihnen die Wertschätzung und Dankbarkeit für Ihre Arbeit widerspiegelt und dadurch selbst zur Kraftquelle wird, ausreichend Raum und Zeit, um immer wieder zu sich zu kommen, Atem schöpfen und auftanken zu können, Gesundheit und gelingende Wege für Sie und Ihre Angehörigen.

Herzliche Grüße, Margareta Köllinger